Bairische Grammatik
Die bairische Grammatik weist einige Besonderheiten auf, die nachfolgend kurz und knapp vorgestellt werden.
Es gibt in der bairischen Sprache keine einheitliche Rechtschreibung oder Orthografie, jeder kann so schreiben wie er es für richtig hält. So kann man das allseits beliebte, mit Leberkäse belegte Brötchen in unendlich vielen Varianten darstellen. Von der Leberkässemmel bis Lewakaassemme ist alles möglich, Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Beim Senf kann man ja auch immerhin zwischen süß, mittelscharf und scharf auswählen.
Hinweise zur Aussprache finden Sie hier.
Substantive – Hauptwörter
Auch im bairischen Dialekt ist das Geschlecht eines Substantivs / Hauptwort am Artikel zu erkennen
da Mo = der Mann
d` Frau = die Frau
as Kind = das Kind
In der Regel haben die Substantive in der bairischen Sprache dasselbe Genus wie im Hochdeutschen, aber es gibt auch einige Ausnahmen:
da Benzin = das Benzin
da Butter = die Butter
da Radio = das Radio
da Ratz = die Ratte
da Schraubn = die Schraube
as Teller = der Teller
Substantive und ihre Deklination:
Im Bairischen gibt es drei Fälle, Nominativ, Dativ und Akkusativ. Der Genitiv wird gebildet mit der Präposition vo / von und dem Dativ oder den Pronomen sei (sein) / ihr und dem Dativ:
as Gwand von da Vroni is schee = Veronikas Kleid ist hübsch
d` Bruin vo da Muadda is hi = Mamas Brille ist kaputt
des is am Vadda sei Joppn = das ist Papas Sakko
des is da Mare ihr Auto = das ist Marias Auto – (mit dem Genus des besitzanzeigenden Fürworts nimmt es der bairische Dialekt nicht immer so genau. Im vorliegenden Beispiel kann es auch heißen: des is da Mare sei Auto)
Bestimmte Artikel – Geschlechtswörter
männlich: Singular / Plural
Nominativ: da Bua / d` Buam / Buama = der Knabe / die Knaben
Dativ: am Buam / de Buam / Buama = dem Knaben / den Knaben
Akkusativ: an Buam / d` Buam / Buama = den Knaben / die Knaben
weiblich: Singular / Plural
Nominativ: d` Katz / d` Katzn = die Katze / die Katzen
Dativ: da Katz / de Katzn = der Katze / den Katzen
Akkusativ: d` Katz / d` Katzn = die Katze / die Katzen
sächlich: Singular / Plural
Nominativ: as Madl / d` Madln = das Mädchen / die Mädchen
Dativ: am Madl / de Madln = dem Mädchen / den Mädchen
Akkusativ: as Madl / d` Madln = das Mädchen / die Mädchen
Unbestimmte Artikel (Indefinitpronomen)
männlich – Singular:
Nominativ: a Mo = ein Mann
Dativ: am Mo = einem Mann
Akkusativ: an Mo = einen Mann
weiblich – Singular:
Nominativ: a Frau = eine Frau
Dativ: ana / ara Frau = einer Frau
Akkusativ: a Frau = eine Frau
sächlich – Singular:
Nominativ: a Kind = ein Kind
Dativ: am Kind = einem Kind
Akkusativ: a Kind = ein Kind
Pronomen – Fürwörter
i = ich
Nominativ: i = ich
Dativ: mir / ma = mir (Beispiel: des Radl ghört mir = das Fahrrad gehört mir. des Buidl gfoid ma = dieses Bild gefällt mir.)
Akkusativ: mi = mich
du = du
Nominativ: du = du
Dativ: dir = dir
Akkusativ: di = dich
er / a = er
Nominativ: er / a = er (Beispiel: er is dahoam = er ist daheim. is a dahoam? = ist er daheim?)
Dativ: eahm = ihm
Akkusativ: `n = ihn (Beispiel: sei Wei hod`n gscheid zammgschissn = seine Frau hat ihn ordentlich gerügt!)
sie / s`/ sa = sie
Nominativ: sie / s` / sa = sie (Beispiel: sie is a fesche Frau = sie ist eine attraktive Frau; hod s` a Brot kafft? = hat sie Brot gekauft? wos hod sa se vorgstellt? = was hat sie sich vorgestellt?)
Dativ: ihr / ihra (Beispiel: des Gwand steht ihra guad = das Kleid steht ihr gut)
Akkusativ: s` = sie (Beispiel: hod a s` nausgschmissn? = hat er sie hinausgeworfen?)
es / ’s = es
Nominativ: es / ’s = es (Beispiel: es is und bleibt a Schmarrn = es ist und bleibt ein Blödsinn. des is `s = das ist es)
Dativ: eahm = ihm
Akkusativ: as /`s = es (Beispiel: woaßt as? = weißt du es? hod a `s scho wieder ghaut? = hat er es schon wieder verprügelt? – das Kind)
mia / ma = wir
Nominativ: mia / ma = wir (Beispiel: mia san mia = wir sind wir! des ham ma etz davo = das haben wir jetzt davon. ma wird immer nachgestellt.)
Dativ: uns = uns
Akkusativ: uns = uns
ihr / ös / es = ihr
Nominativ: ihr / ös / es = ihr (Beispiel: ihr seids meine Schwestern = ös / es seids meine Schwestern = ihr seid meine Schwestern)
Dativ: eich / enk = euch (Beispiel: hod `s eich gfoin / hod `s enk gfoin = hat es euch gefallen?)
Akkusativ: eich / enk = euch (Beispiel: der daschlogt eich / der daschlogt enk = der erschlägt euch)
sie / sa / s` = sie
Nominativ: sie / sa / s` = sie (Beispiel: sie san kemma = sie sind gekommen. in Minga ham sa se vafahrn = in München haben sie sich verfahren. des ham s` ned gwusst = das haben sie nicht gewusst)
Dativ: eahna = ihnen (Beispiel: sagst as eahna du = sagst du es ihnen?)
Akkusativ: s` = sie (Beispiel: der hod s` gscheid bschissn = der hat sie ordentlich übers Ohr gehauen!)
Relativpronomina – bezügliche Fürwörter
der; der wo = derjenige, welcher (Beispiel: der Hundsbua, der wo mei Radl gstoin hod = des Lausebengel, der mein Fahrrad gestohlen hat)
de; de wo = diejenige, welche (Beispiel: des is de, de oiwei so foisch singt = das ist die, die immer so falsch singt)
dös / des; dös wo / des wo = dasjenige, welches (Beispiel: des is des Appartment, wo in da Zeitung steht = das ist das Appartement, das in der Zeitung steht)
Verben
Die bairische Sprache verwendet nur vier Zeiten:
Präsens – Gegenwart (i moan = ich meine)
Perfekt – 2. Vergangenheit (i hob gmoant = ich habe gemeint)
Plusquamperfekt – 3. Vergangenheit (i hob gmoant ghabt = ich hatte gemeint)
Futur – Zukunft (i wea moana = ich werde meinen)
In der bairischen Sprache gibt es die vier Hilfsverben habn, sei, wern und doa, die auch als eigenständige Verben verwendet werden können.
Konjunktiv
Der Konjunktiv besteht im bairischen Dialekt meistens aus dem Konjunktiv Imperfekt der Hilfsverben habn, sei und doa sowie dem Infinitiv des betreffenden Verbs.
Der Bayer sagt nicht:
„ich möchte gerne bezahlen“, sondern „i hätt/häd gern zoid!“ = „ich hätte gerne bezahlt!“
„ich bin fertig“, sondern „i waar fertig!“ = „ich wäre fertig!“
„ich meinte/würde meinen“, sondern „i daad moana!“ = „ich täte meinen!“
Verneinung
Doppelt genäht hält besser, meint der Bayer, deswegen oft die „doppelte Verneinung“.
Der Altbayer sagt nicht: „Ich mag keine Suppe!“, sondern „i mog koa Suppn ned!“ Will er ganz auf Nummer sicher gehen, sagt er: „A Suppn mechad i gar nia ned!“ = „eine Suppe würde ich gar nie nicht mögen!“
Eine weitere, ebenso intensive Form der Verneinung: „I daad nia koa Suppn ned essn!“ = „Ich würde nie keine Suppe nicht essen!“